Ein erfolgreiches Wundmanagement in der Pflege folgt einem klaren Ablauf – von der ersten Beurteilung bis zur abschließenden Versorgung und Nachsorge. Pflegekräfte erfassen zunächst den Wundtyp, beurteilen den Heilungsverlauf und dokumentieren Veränderungen systematisch. Auf dieser Basis erfolgt die Auswahl der passenden Behandlungsmethoden und Materialien. Wichtige Elemente sind zudem die Einhaltung hygienischer Standards sowie eine regelmäßige Evaluation der Maßnahmen. Dieser strukturierte Ablauf stellt sicher, dass Wunden nicht nur oberflächlich behandelt, sondern nachhaltig versorgt werden.
Wundversorgung
Zur Wundversorgung gehört weit mehr als der Verbandwechsel. Pflegekräfte müssen entscheiden, ob eine trockene oder feuchte Wundbehandlung notwendig ist, welche Wundauflagen verwendet werden und in welchen Intervallen ein Wechsel erfolgen soll. Auch Schmerzmanagement und Beobachtung auf Infektionszeichen sind Teil der täglichen Arbeit. Moderne Materialien wie Hydrogele, Alginat-Verbände oder Schaumauflagen unterstützen dabei, den Heilungsverlauf positiv zu beeinflussen.
Kurze Theorie der Wundheilung
Die Wundheilung verläuft typischerweise in drei Phasen: Exsudation, Proliferation und Regeneration. Pflegekräfte sollten diese Abläufe kennen, um Wunden gezielt und effektiv versorgen zu können. Wird eine Phase gestört, verlängert sich der Heilungsprozess – das Risiko für chronische Wunden steigt.
1. Exsudationsphase (Reinigungsphase):
Direkt nach der Verletzung beginnt der Körper mit der Blutstillung und der Reinigung der Wunde. Entzündungszellen wie Leukozyten und Makrophagen entfernen Keime, Zelltrümmer und Fremdkörper. In dieser Phase kann es zu vermehrter Flüssigkeitsabsonderung (Exsudat) kommen – wichtig ist hier eine effektive Wundreinigung und Absorption.
2. Proliferationsphase (Granulationsphase):
Jetzt bildet der Körper neues Gewebe. Fibroblasten und Endothelzellen sorgen für die Neubildung von Kapillaren und Bindegewebe. Es entsteht das sogenannte Granulationsgewebe, das die Wundfläche langsam füllt. Pflegekräfte achten hier auf eine feuchte Wundumgebung und den Schutz des empfindlichen Neubildungsgewebes.
3. Regenerationsphase (Epithelisierungsphase):
In der letzten Phase wird die Wunde verschlossen. Epithelzellen wandern vom Wundrand in die Wunde ein und bilden eine neue Hautschicht. Das Gewebe stabilisiert sich – es entsteht eine Narbe. Jetzt geht es darum, die Hautbarriere zu unterstützen und eine reizfreie Umgebung zu schaffen.
Wundheilungsstörungen managen
Wundheilungsstörungen können durch Infektionen, Durchblutungsstörungen, Diabetes oder Mangelernährung verursacht werden. Pflegekräfte müssen solche Risiken frühzeitig erkennen und entsprechend handeln – z. B. durch engmaschige Kontrolle, Zusammenarbeit mit Wundexperten und gezielte Ernährungsberatung. Auch die Dokumentation von Heilungsverzögerungen ist entscheidend, um rechtzeitig Therapieanpassungen zu ermöglichen.
Begriffe und Definitionen im Wundmanagement
Damit du im Pflegealltag sicher unterwegs bist, lohnt sich ein Blick auf zentrale Fachbegriffe im Wundmanagement. Einige Begriffe sind relativ selbsterklärend und andere Begriffe hast du vielleicht zuletzt in deiner Pflegeausbildung gehört. Deshalb lohnt es sich, diese Begriffe noch mal für ein optimales Wundmanagement ins Gedächtnis zu rufen:
• Wunde: Eine Störung der Haut- oder Gewebeintegrität, verursacht durch äußere oder innere Einflüsse. Man unterscheidet akute und chronische Wunden.
• Exsudat: Wundflüssigkeit, die bei der Reinigungsphase entsteht. Sie enthält Zelltrümmer, Bakterien und Immunzellen – wichtig zur Einschätzung der Wundheilung.
• Granulationsgewebe: Neugebildetes Gewebe in der Proliferationsphase. Es ist rötlich, feucht und gut durchblutet – ein positives Zeichen im Heilungsprozess.
• Epithelisierung: Die Neubildung der Hautoberfläche über der Wunde. Sie kennzeichnet den letzten Schritt der Wundheilung.
• Debridement: Die gezielte Entfernung von abgestorbenem Gewebe oder Belägen, um die Heilung zu fördern.
• Feuchte Wundheilung: Ein modernes Prinzip der Wundversorgung, das ein feuchtes Milieu schafft, um Zellwachstum und Heilung zu unterstützen.
• Biofilm: Eine Schicht aus Bakterien und Schleim, die sich auf chronischen Wunden bildet und die Heilung blockieren kann. Biofilme sind oft resistent gegen Desinfektionsmittel und müssen aktiv entfernt werden.
• Mazeration: Aufweichen der Haut durch zu viel Feuchtigkeit, z. B. durch undichte Verbände. Mazeration erhöht das Infektionsrisiko und sollte durch passende Wundauflagen vermieden werden.
• Okklusion: Eine Methode, bei der die Wunde luftdicht abgedeckt wird, um ein feuchtes Heilungsmilieu zu schaffen. Wird z. B. mit Hydrokolloid-Verbänden erreicht.
• Primäre Wundheilung: Heilung ohne Komplikationen und Narbenbildung, meist bei chirurgisch verschlossenen Wunden.
• Sekundäre Wundheilung: Offene Wundheilung über Granulations- und Epithelisierungsprozesse. Tritt häufig bei chronischen Wunden auf.
• Kolonisation vs. Infektion: Eine kolonisierte Wunde enthält Bakterien, zeigt aber keine Entzündungszeichen. Eine Infektion hingegen beeinträchtigt aktiv die Wundheilung.
• Wundrand: Der Übergang zwischen Wundfläche und gesunder Haut. Sein Zustand (z. B. gerötet, unterminiert oder trocken) liefert wichtige Hinweise zum Heilungsverlauf.
• Unterminierung: Eine „Taschenbildung“ unter dem Wundrand – oft ein Zeichen für Infektion oder schlechte Granulation.
Materialien und Werkzeuge im Wundmanagement
Im modernen Wundmanagement kommen unterschiedliche Materialien und Hilfsmittel zum Einsatz – je nach Wundart, Heilungsphase und Pflegeumfeld:
• Wundauflagen: Dazu zählen Hydrogele, Alginatverbände, Schaumstoffauflagen, Hydrokolloide und Silikonauflagen. Sie unterstützen die feuchte Wundheilung, schützen die Wunde und fördern das Zellwachstum.
• Kompressen & Mullmaterialien: Werden oft in der Exsudationsphase genutzt, um Sekret aufzunehmen oder die Wunde zu reinigen.
• Wundspüllösungen: Sterile Lösungen auf Kochsalz- oder Ringerbasis dienen der sanften Reinigung und Dekontamination der Wunde.
• Desinfektionsmittel: Je nach Wundstatus können antiseptische Lösungen wie Polyhexanid oder Octenidin eingesetzt werden.
• Pinzetten & Scheren: Für das atraumatische Entfernen von Verbandmaterialien oder bei kleineren Debridements.
• Wunddokumentationstools: Digitale Systeme oder Wunddokumentationsbögen helfen bei der strukturierten Erfassung des Heilungsverlaufs.
• Moderne Wundtherapiegeräte: Zum Beispiel werden Vakuumtherapiegeräte (NPWT) eingesetzt und kommen besonders bei chronischen oder großflächigen Wunden zum Einsatz
Beratung im Wundmanagement: Pflegekräfte als Ansprechpartner
Pflegekräfte sind oft die erste Anlaufstelle für Patient:innen und Angehörige. Im Wundmanagement übernehmen sie eine wichtige beratende Funktion: Sie erklären die richtige Wundpflege, motivieren zur Mitwirkung und fördern die Eigenverantwortung. Auch im Team sind sie gefragte Ansprechpartner, etwa bei der Auswahl von Verbandmaterialien oder in der Kommunikation mit Ärzt:innen. Fachlich geschulte Pflegekräfte stärken durch Beratung nicht nur den Behandlungserfolg, sondern auch das Vertrauen der Betroffenen.